Zuletzt aktualisiert am 9. Januar 2025

Digital Natives unterschätzen Cybersicherheit und sind häufiger von Kriminalität im Netz betroffen. Aufklärung durch soziale Medien könnte hier helfen. Allerdings wird ein wichtiger Teil der Gruppe nicht erreicht: Mädchen und junge Frauen.

Mädchen fühlen sich selten von Media-Content rund um IT-Themen angesprochen. Für sie wirkt der IT-Bereich unüberschaubar und hat dadurch ein abschreckendes Image. Dabei interessieren sie sich durchaus für Cybersicherheits-Content auf Instagram und könnten durch verständlich, authentisch und unterhaltsam aufbereitete Inhalte auch über Social Media wie Instagram dafür erreicht werden. Das hat jetzt eine Bachelor-Thesis an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ergeben.

In Gruppendiskussionen mit Oberstufen-Schülerinnen eines Mädchengymnasiums hat Angela Valdivia Manchego diese zu ihrer Social-Media-Nutzung generell sowie konkret zu Instagram gefragt. Als konkrete Beispiele zum Thema IT und Cybersicherheit wurden ihnen dann Posts des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgelegt. Das BSI verfolgt mit seinem Instagram-Kanal das Ziel, vor allem Jugendliche und junge Erwachsene zu erreichen.

Warum Cybersicherheitsinhalte auf Instagram nicht ankommen

Grundsätzlich lassen sich drei potenzielle Szenarien voneinander unterscheiden, die erklären, weshalb junge Frauen und Mädchen auf Instagram nur selten mit Media-Content rund um IT-Themen interagieren.  

Sie interessieren sich nicht für Cybersicherheit bzw. IT allgemein.
Mädchen nutzen Instagram für Zwecke, in die IT-Themen nicht passen.
Die Gestaltung des Contents trifft nicht den Geschmack der Zielgruppe.

Tatsächlich handelt es sich um eine Mischung der Szenarien, wobei insbesondere die Instagram-Nutzung generell und die Gestaltung von Cybersicherheits-Content eine Rolle spielen. 

An den BSI-Posts gefiel den Teilnehmerinnen der Gruppendiskussionen die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der Informationen. Fast wichtiger ist allerdings der Unterhaltungswert und damit einhergehend die Authentizität von Personen, die sich auf dem Kanal präsentieren. Hierin besteht aus Sicht der Schülerinnen die größte Schwäche des BSI-Cybersicherheits-Content.

Das Image-Problem der IT

Informationssicherheit spielt eine wichtige Rolle in der Digitalisierung unserer Gesellschaft. Daher ist es ein Ziel des BSI, besonders Digital Natives auf digitalen Plattformen mit Tipps und Themen rund um Cybersicherheit zu versorgen. Häufig unterschätzen sie Cybersicherheits-Risiken und sind regelmäßiger von Vorfällen betroffen; das zeigt der Cybersicherheitsmonitor 2024 der Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) und des BSI. Innerhalb der BSI-Community auf Instagram sind sie nur schwach repräsentiert. Auf Dauer könnte sich diese Entwicklung negativ auf die gesamtgesellschaftliche Digitalisierung Deutschlands auswirken.

Im Rahmen der Studie erklären die Schülerinnen denn auch, IT wirke generell zu kompliziert und unüberschaubar. Grundsätzlich erkennen sie allerdings, dass Cybersicherheit eine wichtige Rolle in ihrem Alltag spielt. Sie erleben auf Instagram, wie Accounts anderer gehackt und Deep-Fakes verbreitet werden oder bekommen selbst Phishing-Nachrichten zugeschickt. Die Mädchen fühlen sich durch solche Erfahrungen sensibilisiert und stehen Cybersicherheit positiv gegenüber. Es besteht also ein Zwiespalt: IT allgemein wirkt kompliziert, Cybersicherheit dagegen erreichbar.

Cybersicherheit nicht in der Content-Bubble

Ob zum Storys posten, Reels teilen oder Influencern folgen – die Gruppendiskussionen haben ergeben, dass die Schülerinnen auf Instagram am liebsten mit Freunden Posts teilen und chatten. Außerdem lassen sie sich lieber von Content berieseln als selbst zu posten. Entsprechend stammt empfohlener Content hauptsächlich von Freunden und Bekannten oder von Celebrities und Influencern, also Accounts, denen die Schülerinnen bereits folgen. Das BSI oder ähnliche Kanäle gehöre nicht zu ihrer Content-Bubble. Die Herausforderung für die Behörde besteht somit darin, in die Bubble der Schülerinnen zu gelangen.

Inhaltlich bewerten die Mädchen das Potenzial von Cybersicherheits-Content auf Instagram unterschiedlich. Einzelne Schülerinnen beurteilen Wissensvermittlung auf Sozialen Medien kritisch:

„Instagram ist einfach Social Media. Das ist jetzt nichts, woraus sich mir ein Nutzen ergibt oder ich etwas lerne.“

  • Feli (16)

Die Plattform diene zur Unterhaltung. Andere Schülerinnen sehen in der Plattform durchaus eine Chance für Cybersicherheits-Content, da komplexe Inhalte durch die vielen visuellen Möglichkeiten vereinfacht werden können. Trotz verschiedener Meinungen zeigt dieser Punkt der Diskussion, dass sich zumindest ein Teil der Zielgruppe auf Cybersicherheits-Content einlassen würde, solange die Präsentationsweise ansprechend ist.

Thema der Gruppendiskussionen: Posts des BSI-Instagram-Kanals/Quelle: Screenshots
Thema der Gruppendiskussionen: Posts des BSI-Instagram-Kanals/Quelle: Screenshots

Der BSI-Kanal: vertrauenswürdig aber trocken

Durch die Gruppendiskussionen mit Schülerinnen wird deutlich: Das BSI macht bereits einiges richtig: seriöses Auftreten, Themenwahl und das Design. Die inhaltliche und visuelle Gestaltung der Posts wirkt sich damit tatsächlich positiv auf die Wahrnehmung des Kanals aus. Der Minimalismus des Designs habe Wiedererkennungswert, für die Mehrheit der Schülerinnen wirkt sie sogar seriös. Daneben spielt die Verbindung zum Staat eine wichtige Rolle, dem die Schülerinnen großes Vertrauen entgegenbringen. Das habe bei regelmäßigen Fake-News auf Instagram hohen Wert. Werden die Schülerinnen auf Instagram mit Informationen konfrontiert, beurteilen sie diese mit Skepsis und sortieren schnell aus, was glaubwürdig ist und was nicht. Der erste Eindruck zählt bei Cybersicherheits-Content für Mädchen.

Sind die Schülerinnen bereit, sich Posts anzuschauen, muss der Inhalt leicht genug erklärt sein. Um die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, erscheint Digital Storytelling sinnvoll. So kann komplexes Wissen auf Plattformen wie Instagram Stück-für-Stück nähergebracht werden. Die Konsequenzen mangelnder Struktur in Reels oder einer Reihe von Slides und zu komplexer Sprache haben die Schülerinnen beim Betrachten des BSI-Contents verdeutlicht. Solche Posts würden sie sofort überspringen. Positiv ergänzt die Mehrheit jedoch, dass in der Kürze der Reels ein großer Pluspunkt bestünde, genauso wie in der Themenwahl. Diese sind durch ihren Alltagsbezug auf Interesse gestoßen.

Mit Abstand am wichtigsten finden die Schülerinnen bei Reels authentisches Auftreten von Personen. Allerdings bestehe genau darin die größte Schwäche der BSI-Reels.

„Was mich wirklich gestört hat, war, dass sie so monoton gesprochen haben. Das hat alles ins Negative gezogen.“

  • Jana (16)

Begeisterung und Authentizität der Presenter*innen bringen offenbar überhaupt erst den Spaß und Unterhaltungswert in ein Reel. Auch hier wird innerhalb von Sekunden entschieden, ob das Reel geschaut wird oder nicht. 

Instagram-Reel (BSI-Bund): Presenterin Larissa erklärt wie man Fake Shops erkennt. /Quelle: bsi-bund via Instagram

Authentizität als Schlüsselfaktor auf Instagram

Was muss sich also ändern? Zunächst muss der BSI-Kanal für junge Frauen und Mädchen auf Instagram sichtbar werden – beispielsweise indem das BSI mit Influencer*innen kooperiert. Über ihre Reichweite könnte der Kanal neue Zielgruppen erreichen und die eigene Community vergrößern. Abgesehen davon sollte der Fokus vor allem darauf liegen, die Inhalte verständlich, authentisch und unterhaltsam aufzubereiten. 

Dafür sollte das BSI seinen Content auf den Wissensstand der Schülerinnen herunterbrechen. Außerdem könnte Digital Storytelling in Reels dabei helfen, Themen leichter zu folgen. Aktuelle Trends auf Instagram sollten dem BSI als Orientierung dienen. Am wichtigsten ist allerdings, dass die Personen in BSI-Reels natürlicher und authentisch wirken. Helfen könnte dabei freies Sprechen ohne konkrete Vorlage und vor allem eine alltägliche Sprache. Damit wäre der Unterhaltungsfaktor gesichert.

Zur Methode

Im August 2023 wurden im Rahmen dieser Arbeit zwei Gruppendiskussionen mit insgesamt elf Mädchen durchgeführt. Die Teilnehmerinnen waren Oberstufenschülerinnen eines Mädchengymnasiums im Kreis Bonn-Rhein-Sieg. Beide Diskussionen fanden während der regulären Unterrichtszeit im Schulgebäude statt.

/ Angela Valdivia Manchego

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